Die Sattelmacher von Hermès

Im Lederatelier von Hermès in Paris kann der Kunde auf eine außergewöhnliche Behandlung zählen. Für sich und sein Pferd. Ein Werkstattbesuch.
hermes Vivace

Meistersattler

Als leidenschaftlicher Reiter weiß Laurent Goblet genau, was exzellente Sättel ausmacht.

Nur eine Handvoll Topmarken für Luxusaccessoires kann ihre Expertise in Premium-Lederwaren auf die gute alte Zeit der Pferdekutschen zurückführen. Und unter ihnen ist Hermès das einzige maison, das bis heute Reitzeug herstellt. Die meisten Menschen mögen die Marke mittlerweile für ihre begehrten Handtaschen kennen, doch tatsächlich sind ihre Sättel schon seit 1837 erste Wahl bei Elitereitern. Taschen nahm man erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ins Sortiment auf, anfangs vor allem, um damit Sättel zu transportieren – Ironie der Geschichte.

Noch immer wird jeder Sattel per Hand im klassischen Manufakturbetrieb hergestellt. 25 bis 35 Stunden brauchen die Mitarbeiter im Pariser Hermès-Atelier je Exemplar. Die aktuellste Neuentwicklung ist der Vivace-Springsattel, designt vom 61-jährigen Meistersattler Laurent Goblet. Konzipiert wurde der neue Sitz für Reiter, die es gewohnt sind, beim amerikanischen Stil auch im Sattel zu stehen. Er soll Reiter und Pferd besonders nah zusammenbringen, kann deshalb für beide individuell angepasst werden. Und er sei einfach sehr bequem, sagt Goblet: „Man vergisst, dass der Sattel überhaupt da ist. Das ist besser so für Reiter und Pferd.“ Wie die Spezialisten von Hermès höchste Handwerkskunst zelebrieren, zeigen diese Einblicke ins Atelier.

equiscan

1. Maßgeschneidert

Wenn sich der Kunde für einen bestimmten Sattel entschieden hat, reist ein Hermès-Spezialist zu dem Stall, in dem das betreffende Pferd steht. Mit einem eigens entwickelten Tool, dem Equiscan, werden Rücken und Schultern des Pferdes dann exakt vermessen.

Hermes Atelier

2. Sanfter Schlag

Bei einem Dressursattel ist der Sitz tiefer als beispielsweise bei einem Springsattel wie dem neuen Vivace. Um ihn mit einem Hammer in die jeweils richtige Rundung und Form zu bringen, braucht es viel Sorgfalt und Erfahrung. Dellen im Leder? Absolutes No-Go!

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3. Feingefühl

Mit exakt drei Millimetern Abstand zum Rand des Sattelblatts wird hier eine Naht angebracht. Sattelblätter verhindern, dass die Beine des Reiters am Steigbügelriemen scheuern – und variieren je nach Reitstil und Größe des Reiters.

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4. Flauschfaktor

Mit einer gebogenen Nadel und einem dicken Faden wird der Sitz befestigt. Ein spezieller, dauerhaft weich bleibender Schaum sorgt für Polsterung – von diesem Komfortplus profitieren sowohl der Reiter als auch für das Pferd. (Früher wurden Sättel meistens mit Pferdehaar und Wolle gepolstert. Wenn das Material nach einiger Zeit hart wurde, mussten die Sättel dann geöffnet und nachbearbeitet werden).

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5. Glatte Sache

Wenn die Form passt und perfekt auf der Nachbildung des Pferderückens sitzt, wird sie eingekleidet: Das Leder weicht erst in Wasser ein, lässt sich danach leichter verarbeiten. Mit einem gebogenen Stahlwerkzeug bringt man es schließlich faltenfrei über der Polsterung an.

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6. Nummeriert

Wie eine edle Uhr in der Manufaktur erhält hier jeder Sattel eine Referenznummer, die handschriftlich in einem speziellen Buch vermerkt wird – die Tradition geht auf das Jahr 1909 zurück. Kunden, die alte Hermès-Sättel geerbt oder gekauft haben, können im Atelier anrufen und sich über die Geschichte ihres Unikats aufklären lassen.

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6500 Euro kostet der neue Vivace-Springsattel.

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