Der neue BMW iX

Mit dem iX startet BMW in die Zukunft durch – ein konsequent innovatives Fahrzeugkonzept für die Mobilität von morgen. Der Münchner Designer Stefan Diez hat sich den BMW iX genau angesehen und Erstaunliches gefunden.
Text Peter Würth
Der neue BMW iX

Stefan Diez ist ein cooler Typ, im allerbesten Sinn. Ein ruhiger, selbstbewusster Produktdesigner, der bei einigen der Besten seines Fachs gelernt hat und seit Jahren mit seinen Entwürfen für Thonet, Moroso, e15, Hay, Magis, Midgard oder Rosenthal einen Preis nach dem anderen einheimst.

Der Münchner Stefan Diez ist einer der wichtigsten Designer Deutschlands. Er arbeitet unter anderem für VIBIA, Herman Miller, Thonet, e15, HAY, Magis oder Midgard und Wagner-Living. Er wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Designpreis der Bundesrepublik Deutschland und dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Seit 2018 leitet er den Fachbereich Industrial Design an der Universität für angewandte Kunst Wien, Die Angewandte.

Stefan Diez hat seit acht Jahren kein eigenes Auto mehr, „aber das heißt ja nicht, dass mich Autos nicht interessieren würden.“ 1971 geboren, gehört er zu einer Generation, für die Autos einerseits Traumobjekte waren und die andererseits Mobilität und Nachhaltigkeit mit den Augen des 21. Jahrhunderts sieht. Da kommt der iX gerade recht, mit dem BMW „das Fahrerlebnis, das Raumgefühl und das Verhältnis zwischen dem Fahrzeug und seinen Insassen neu definieren“ will. Robb Report hat Stefan Diez gebeten, sich das neue „Technologie-Flaggschiff“ von BMW, das auf dem Vision Car BMW iNext basiert, als erster externer Designer überhaupt aus der Nähe anzusehen und jedes auch noch so versteckte Detail unter die Lupe zu nehmen.

Kritischer Blick: Die Niere des BMW iX ist riesig.

Das Fahrzeug, mit dem BMW in die Zukunft durchstarten will, steht in einem riesigen Fotostudio im Münchner Osten. Perfekt fürs Fotoshooting ausgeleuchtet, ein Sports Activity Vehicle (SAV) groß wie ein X5, mit der flach abfallenden Linie eines X6 und dem Radstand eines X7. Stefan Diez kommt, die obligatorische dunkle Cap, sein Markenzeichen, auf dem Kopf, ein paar Minuten zu spät, er hat sich noch um seinen Sohn kümmern müssen.

Shooting-Day: der BMW iX in den Sirius-Studios bei München

Vorsichtig, fast schüchtern, nähert er sich dem BMW iX, umkreist das Fahrzeug, streicht über die Haube, bleibt an der Front stehen und geht in die Hocke. Die übergroße, fast schon eckige BMW-Niere fällt ihm ins Auge. Stefan Diez wundert sich: „Die ist komplett geschlossen. Elektromotoren brauchen ja gar keine Kühlung mehr.“

Die Größe eines BMW X5, der Randstand eines X7 – Stefan Diez staunt über die „nur" 2 Tonnen Gewicht des SAV.

Aber natürlich will der bayerische Traditionskonzern auf dieses ikonische Gestaltungsmerkmal nicht verzichten. Jeder soll im Rückspiegel sehen, wer da kommt. Und die Niere löst nicht nur bei Stefan Diez unwillkürlich Assoziationen aus: „Es hat mich schon interessiert, wie BMW mit der Niere umgeht, die ja immer ein wichtiges semantisches Detail war. Das sieht ein bisschen aus wie ein Biber mit seinen kräftigen, hervorstehenden Nagezähnen,“ befindet er in seinem melodisch-sanften Münchner Bayerisch.

Niere und Logo – die Markenzeichen des BMW iX

Aber die Niere erfüllt eine zentrale Funktion: Sie ist sozusagen das „Auge“ des Zukunfts-BMW. „Dahinter befindet sich also die Sensorik, der iX ist ja vorbereitet für autonomes Fahren.“ Diez fallen die feinen Heizdrähte auf, die vor den Sensoren eingelassen sind: „Ah, damit das Radar auch wenn's schneit funktioniert.“ Mit dem feinen Tastsinn des Designers streicht er über die glatte Kunststoffhaut der Niere: „Ich habe erfahren, dass da ein Lack verwendet worden ist, der sich selbst repariert. Also wenn da ein Kratzer draufkommt, verschwindet der nach einem Tag wieder. Spannend. Ich würd's am liebsten mal ausprobieren mit dem Reinkratzen.“

Oberhalb der Niere prangt das BMW-Logo auf der Haube. Ein kurzer Druck und der symbolisierte Vierzylinder in Weiß-Blau klappt nach oben. Darunter versteckt sich der Einfüllstutzen fürs Wischwasser. Stefan Diez ist etwas irritiert ob der Profanisierung des Emblems: „So ein Logo ist für mich eigentlich etwas Heiliges, aber praktisch ist das natürlich.“

Unterm Logo ist der Einfüllstutzen fürs Wischwasser.

Ausgesprochen angetan ist der Ästhet Diez von den, wie er es nennt, „sterbenden Linien“ der Motorhaube, den erst markanten, dann allmählich verschwindenden Kniffen im Blech, mit dem die BMW-Designer der Haube ein wenig den Look eines Sportwagens der fünfziger Jahre gegeben haben.

Unter anderem damit haben sie den cw-Wert des Fahrzeugs auf 0,25 gedrückt, ein sensationeller Wert. Stefan Diez: „Das Auto ist ziemlich „lochfrei“, alles sehr, sehr glatt.“ Und er noch einen Grund für die Windschlüpfrigkeit gefunden. Er hat sich auf den Boden gelegt und sich die Unterseite des BMW iX angesehen: „Da sieht man den völlig ebenen Boden. Der ist komplett flach, fast wie ein Matchbox-Auto.“

Nachgeschaut: Selbst der Fahrzeugboden ist total flach.

An der Fahrertür angekommen, tastet der Designer über den bündig abschließenden, innen beleuchteten Griff: „Sehr schön“. Mehr noch aber fasziniert ihn, was er beim Öffnen sieht: der Türrahmen aus Carbon. „Das erinnert mich an den BMW i3, den fand ich sehr spannend.“ Anders als der kleine Elektro-BMW ist der iX nur in Teilen aus Carbon gebaut, das spart Kosten und senkt trotzdem das Gewicht erheblich. Stefan Diez: „Um die zwei Tonnen, das ist eigentlich erstaunlich leicht für so ein großes Auto. Das sind locker 500 Kilo weniger als bei üblichen Autos in der Größenordnung.“

Bei seinen eigenen Entwürfen legt Stefan Diez größten Wert auf Nachhaltigkeit, versucht seine Produkte fit für eine Kreislaufwirtschaft zu machen, nicht mehr länger „Dinge aus der Erde zu ziehen, zu benutzen und später auf die Deponie zu bringen“. Umso mehr interessiert ihn, der sich auch sehr stark um die technischen Details seiner Projekte kümmert, was sich BMW in puncto nachhaltiges Design hat einfallen lassen – etwa naturbelassene Materialien wie das Holz auf der Mittelkonsole oder Recyclingwerkstoffe, wie dem Sitzbezug aus PET-wiederverwendeten Flaschen. Stefan Diez: „Schön zu sehen, wie viele Gedanken hier in den Details drinstecken.“

Das Cockpit ist deutlich anders – zum Beispiel mit dem großen Display.

Als Designer, der vorrangig Einrichtungen jeder Art entwirft, beschäftigt sich Stefan Diez naturgemäß viel mit Haptik und Raumgefühl. Am BMW iX fällt ihm zuerst das große Display ins Auge: „Sehr auffällig, dass es überhaupt kein klassisches Cockpit mehr gibt. Ein großes Display, ein riesiger Panoramaschirm der hier aufgebaut ist, komplett gebogen. Das ist ein kompletter Touchscreen, der auch vom Beifahrer gut zu erkennen und zu bedienen ist. Sehr gelungen, selbst die üblichen Lüftungsschlitze sind kaum zu sehen.“

Der gebogene Touchscreen ist auch für Beifahrer gut zu sehen und zu bedienen.

Nur mit den Fingerkuppen fährt Stefan Diez über das Holzfurnier der Mittelkonsole: „Hier gibt's keine wirklichen Knöpfe mehr, wie man sie kennt, sondern das ist eine Holzoberfläche und je nachdem, wo ich drücke, bediene ich hier unterschiedliche Funktionen. BMW nennt das Shy-Tech. Es geht darum, dass man all diese Funktionen, die heute nötig und möglich sind, dem Fahrer nicht laufend zumutet und das Ganze wesentlich ruhiger zu machen und zu verstecken. Funktionen sollen erst dann sichtbar sein, wenn man sie braucht.“

Wo ist sie denn? Stefan Diez sucht die versteckte Technik im Cockpit.

„Sehr clever“ findet Diez deshalb auch, wie der iX beheizt wird: „Bei Verbrennermotoren konnte man dafür ja die Abwärme nutzen, bei Elektroautos muss man dafür Extra-Energie einsetzen und dann geht die Reichweite runter. BMW hat zum Beispiel unter der Verkleidung der Armlehnen und natürlich im Sitz Infrarotheizungen versteckt. So wird direkt Wärme abgestrahlt und man muss nicht mehr erst den Raum heizen.“

Selbst das Lenkrad ist nicht mehr rund, sondern eckig, wie schon im Vision Car BMW iNext.

Apropos Raum: Das Innere des BMW iX orientiert sich stark an den Bedürfnissen seiner Nutzer und ihrem vermutlich veränderten Verhalten, wenn in ein paar Jahren mehr oder weniger vollautonom gefahren wird. Dazu gehört beispielsweise die Form des Lenkrads. Diez: „Das ist nicht mehr rund, sondern sechseckig, um dem Fahrer ein haptisches Gefühl zu geben wie die Lenkradposition gerade ist, wenn er ins Geschehen eingreifen muss.“

An einen Wohnraum erinnert Stefan Dez das Interieur des BMW iX.

Ein Rundum-Blick durch den Innenraum bestätigt Stefan Diez Einschätzung: „Alle diese Elemente, die typisch nach Auto aussehen, die sind sehr bewusst Richtung Möbel gestaltet worden. Das sieht alles viel mehr nach Wohnraum aus. Das ist gelungen.“ Fasziniert ist er vom Panoramadach des iX: „Das ist ja eine riesige Glasscheibe durch die man den Himmel hereinlassen kann. Und auf Knopfdruck kann man, wenn die Sonne zu sehr scheint, das Glas opaque und fast undurchsichtig machen. Sehr beeindruckend.“

Markantes Heck – der Wagen hat 500 PS, den werden viele nur von hinten zu sehen bekommen.

Noch ein Testsitzen im geräumigen Fond: „Sehr groß, sehr schön, passt.“

Im Fond ist viel Platz für Stefan Diez und Mitfahrer.

Der BMW iX soll das Fahrzeug einer neuen Zeit sein, einer Zeit, in der das Auto (häufig) autonom fährt, die Insassen die Zeit zur Entspannung nutzen können und die ganze Haltung einem Auto gegenüber einem neuen, zeitgemäßen Denken entspricht. Einem nachhaltigen Denken. Stefan Diez: „Unser Verhältnis zum Auto hat sich ja auch verändert, es soll nicht Symbol demonstrativer Männlichkeit sein.“

Der neue BMW iX soll ab Ende 2021 erhältlich sein. Weitere Informationen zum Fahrzeug unter bmw.com/ix.

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